Hallo alle Miteinander,
dass „Angemessenheit“ und Politik zusammenhängen dürfte den Politisch interessierten Menschen klar sein. Wir haben bestimmte Erwartungen an die Arbeit des Politikers. Mal können wir diese Erwartungen genau formulieren, mal haben wir so eine Ahnung, was gute Politik ist. Es geht hier also um Normen und Werte, die in der Gesellschaft herumgeistern. Was angemessene Politik genau ist lässt sich nicht genau bestimmen. Der Manager, mit Millionenvermögen, hat eine andere Vorstellung von Angemessenheit, als ein Empfänger von Transferleistungen. Es gibt aber auch die „Konsequenz“. Man definieren, was ein Existenzminimum ist. Man kann Minimalziele des Staates, Kosten/Nutzenfunktionen definieren. In dieser Logik kann man sich leicht als „Getriebener der Zahlen“ fühlen. Dinge werden alternativlos, weil sie mathematisch, in bestimmten Modellen, zwingend werden. Journalisten sollten die Aufgabe übernehmen zwischen „Angemessenheit“ und „Konsequenz“ zu vermitteln. Sie sollten also eine Position der Mäßigung übernehmen.
Ob die Journalistin Merlind Theile auch mäßigend in der Berichterstattung zu den Piraten wirkt weiß ich nicht. Der Artikel „Medien ohne Funktion“ bezieht im Fall der Falschdarstellung der Frau Weisband folgende Stellung: die Medien, und Journalisten, seien keine Sprachrohre. Man hätte die Sache einfach gerade rücken können, ohne mit Anschuldigungen seitens der Piraten zurecht rücken können. Es wird darauf verwiesen, dass bei Darstellung und Gegendarstellung, der Leser schon seine Meinung „erlesen“ kann. Anschuldigungen, sind also gar nicht nötig, auch keine Mitschnitte von Interviews. Da werden sowieso die wenigsten rein hören.
Der Kreis schließt sich: einige Piraten wollen Interviews mitschneiden um konsequent transparent zu sein. Die Mehrheit der Menschen will da gar nicht rein hören. Sie vertrauen darauf, was in der Darstellung bzw. Gegendarstellung steht. Man sieht: das Pendel wird in der Mitte zwischen Angemessenheit und Konsequenz einschlagen. Politische Akteure müssen damit rechnen, ihre Botschaften um-gedeutet werden. Auch sie müssen um ihre Deutungshoheit kämpfen. Mitschnitte, können auch nach hinten losgehen. Worte sind, je nach verinnerlichten Normen, Werten und sozio-kulturellen Hintergrund, unterschiedlich deutbar. Eine Sache der Angemessenheit eben.
Anmerkung: Ich wurde darauf hingewiesen, dass ich etwas zur „Affäre Weisband“ erläutern solle. Das bekannte Piratenmitglied Marina Weisband monierte, dass sie in dem Spiegel-Artikel „Die gute Fee“ (SPIEGEL 45/2012) falsch dargestellt wurde. Eine Erwiderung der Autorin fand im Spiegelblog statt. Es wurde in Weisbands Blogartikel vorgeschlagen, während journalistischen Interviews Aufnahmegeräte laufen zu lassen um solche Vorkommnisse in Zukunft zu verhindern. Im Telepolis-Artikel „Medien ohne Funktion“ wird darauf hingewiesen, das Journalisten eine bestimmte Interpretationsgewalt besitzen. Sie sollen und müssen nicht genau wiedergeben, was das Gegenüber gesagt hat. Wie viel Interpretationsgewalt, gerade im Hintergrund politischer Berichterstattung, angemessen ist, darüber streiten sich die Geister.