Hallo alle Miteinander,
Bezug nehmend auf diesen und diesen Blogartikel hab ich mir Gedanken gemacht, warum Menschen empfänglich sind für einfache Zusammenhänge. Zusammenhänge, die auf den ersten Blick schlüssig, bei näherer Betrachtung aber in sich zusammenfallen
Wahrscheinlich ist der Mensch noch ähnlich beeinflussbar wie zur Steinzeit. Mehr Wissen allein führt nicht zum kritischen Individuum. Es ist der Hang zur Bequemlichkeit, der Tür und Tor zur Beeinflussbarkeit gibt. Warum sich mit schwierigen wissenschaftlichen Studien auseinander setzen, wenn alles so einfach sein kann? Wir wollen natürlich schon wissen wie die Welt funktioniert. Aber wollen wir jeweils sechs Semester VWL, Politikwissenschaft, Biologie und Physik studieren, nur um zu wissen wie die Welt funktioniert? Die Arbeitsteilung in der modernen Gesellschaft hat eben dazu geführt, dass immer mehr Wissen angehäuft und wieder verworfen wurde.
Die Suche nach den Sinn des Lebens hat uns Religionen beschert, die lange lange Zeit unser Weltbild und unsere Gesellschaft geordnet hat. Für die Religionsführer war das ein gutes Geschäft
Weil die Kirchen als Ideologie-Geber in Folge der Arbeitsteilung und Säkularisierung nicht mehr zeitgemäß sind, nehmen andere deren Platz ein. Sekten, Rassisten, Esoteriker. Dabei verdienen sie noch ein schönes Sümmchen. Anderes Gewand, gleiche Masche. Es gab und es wird sie immer geben, die tiefe Abneigungen gegen komplexe Erklärungsversuche.
Daran wird auch das Internet als Medium nicht ändern. Es stellt genug Material bereit, um auch einfache Sichtweisen zu bedienen, sie vermeidlich zu verifizieren. Je größer es wird, desto schwieriger, aber auch notwendiger wird es dagegen zu kommentieren.
Auch unsere Bild Zeitung ist Beleg, wie durch dicke Überschriften, schüren von Vorurteilen und das Aufstellen von unbewiesenen Behauptungen, einfache Sichtweisen bedient werden. Die Bild macht Meinung.
Auch wenn die Bild aktiv ist, muss sie dem Volk aufs „Maul schauen“ Das ist meiner Meinung sogar wichtiger, als die „Aktivität“ der Meinungsmache an sich. Nur wenn ich weiß, was die Leute denken, welche Vorurteile sie haben, was sie interessiert, kann ich sie beeinflussen.
Auch wenn die Bild gewisse Trends setzt, so schlummert bei den Leuten bereits ein Keim. Alles was die Bild dann tut, sie lenkt Nährlösung auf den Keim und lässt so Unkraut sprießen. Wo aber kein Keim vorhanden ist wird auch noch so viel Nährlösung nichts bringen. Die Bild kann Meinungen nur lenken, weil sie weiß, in welche Richtung diese überhaupt lenkbar sind.
Bild ist nur ein Brandbeschleuniger für ein kokelndes Lagerfeuer. Das Lagerfeuer wurde angezündet, als es wahrscheinlich noch keine Schrift gab. Es lodert ganz tief im Menschen selbst und wartet nur auf neue Nahrung.
Es ist diese Mischung aus Neugierde und Bequemlichkeit, die uns empfänglich macht für einfache „Wahrheiten“. Wir brauchen einen Sündenbock. Wir wollen ein Thema schnell abhaken. Wir wollen keine Mühe investieren, um zu verstehen wie die Welt funktioniert, gerade in dieser komplexen Zeit.
Vielleicht steckt aber in uns bereits die Ahnung, dass wir eine Mitverantwortung und eine Mitschuld, an vielen Problemen dieser Welt tragen. Würden wir uns intensiver mit komplexen Dingen beschäftigen, würde aus dieser Ahnung schnell eine Gewissheit werden, die man nicht mehr ignorieren kann.
Es ist genau diese Mischung aus bequemer Neugierde und geahnter Mitverantwortung, die uns nach einfache Zusammenhängen fragen lassen. Es ist jenes Mittelmaß zwischen Ignoranz und Handlungswilligkeit, was uns zu einfachen Zusammenhängen führt.
Niemand ist völlig frei von dieser Suche nach einfachen „Wahrheiten“. Vielleicht hilft es, sich selbst ab und an zu hinterfragen. Die Einsicht, das die Welt komplexer ist als wir wahrhaben wollen, ist vielleicht der erste Weg, hin zu einer komplexeren Sichtweise der Welt.
Schlagwörter: Gesellschaft, Mittelmäßigkeit, Politik